DIE BESITZER

DIE BESITZER

Nun beginnt in den Besitzverhältnissen der zur Ruine gewordenen Burg ein buntes Wechselspiel. Sie wurde wie ein altes Raritätenstück von Hand zu Hand verschoben. Zunächst nahm sie mit dem Nassauischwerden des Landes die herzoglich nassauische Domäne in Beschlag. Da diese mit der “Steinrassel” nichts anzufangen wußte, veranstaltete sie im Jahre 1817 eine Verpachtung auf 25 Jahre . Der Zuschlag erfolgte an den Major Friedrich von Schmielinski zu St. Goarshausen zum Pachtpreis von jährlich 5 Gulden und 3o Kreuzern. Die Summe erscheint lächerlich gering, doch darf man nicht vergessen, daß der Pächter nichts vorfand als zerstörte Mauern und einen Haufen Steine. Nur durch Aufwendung großer Mittel zur Ausbesserung der Mauern, Wiederurbarmachung des Bodens, Anlage von Weinbergen usw. konnte etwas Gewinnbringendes daraus gemacht werden.

Unter Darlegung dieser Gründe richtete Schmielinski im gleichen Jahr an die nassauische Domänenverwaltung ein Gesuch, ihm statt der Zeitpacht den Grundbesitz käuflich zu überlassen. Die Pachtsumme für die ersten 25 Jahre sei er bereit, im voraus zu zahlen.

Die nassauische Regierung lehnte indessen die Veräußerung der Burg ab. Daraufhin machte von Schmielinski zwei Jahre später einen neuen Versuch, diesmal mit der Unterstützung des einflußreichen Hofkammerrats Herpell von St. Goarshausen, dem es dann auch gelang, die Regierung gefügig zu machen. Sie stellte am 13. Dezember 1819 folgende Erbleih-Urkunde aus:

WIR WILHELM
von Gottes Gnaden souveräner Herzog zu Nassau urkunden hierdurch, daß wir den Major von Chmielinski zu St. Goarshausen mit der demolierten Festung Katz und mit den dieselbe zunächst umgebenden Wüsteneien, zusammen 2 Acker 135 Ruthen haltend, ferner mit dem dazu gehörigen, nordwestlich nach dem Mühlenteich abhängigen felsigen Bezirk ad 4 Acker 141 Ruthen und mit dem ehemals zur Festung führenden Weg ad 30 Ruthen für sich und seine Leibeserben, in linea recta, unter der Bedingung erblich beliehen haben, daß

  1. niemals eine zerstörende Hand an die Ruinen gelegt werden darf, in welchem Falle die Erbleihe eo ipso caduzirt ist,
  2. daß der bisherige Temporalpacht von 6 Gulden, 10 Kreuzer forthin als Erbleih-Canon jährlich termino Martini zu unserer Rezeptur St. Goarshausen geliefert und
  3. bei Mutationsfällen in manu dominante et serviente jedesmal um Renovation der Erbleihe nachgesucht, auch in recognitionem dominii directi ein Gulden als Laudemium entrichtet werde, und ferner
  4. von dem Erbleihträger alle auf diese Besitzung fallenden Staats- und Gemeindesteuern, sowie alle sonstigen Lasten im Krieg und Frieden ohne irgend eine Vergütung ansprechen zu können, übernommen und berichtiget werden.

Urkundlich unserer eigenhändigen Unterschrift und beigedruckten Siegels unserer General Domänen-Direktion.
So geschehen Biebrich, den 13. Dezember 1819.

Zwanzig Jahre später, nach dem Tode Herzog Wilhelms, beantragte Schmielinski die Erneuerung des Erbleihbriefes und gleichzeitige Übertragung desselben auf den Namen seiner Tochter Wilhelmine, der Frau des Herzoglichen Stadtschultheißen Philipp Wappner zu St. Goarshausen, der er den Burgensitz schon bei seinen Lebzeiten zuzueignen wünschte.

Herzog Adolf willfahrte seiner Bitte und unterzeichnete den neuen Erbleihbrief am 2. Mai 1840 auf den Namen der Frau Wilhelmine Wappner.

Aber die Katz scheint in der Wappnerschen Ehe gewisse Schrammen verursacht zu haben, denn schon ein Jahr später (1841) reichte der Stadtschultheiß Wappner, der Ehemann der Erbpächterin, an die Herzogliche General-Domänen-Direktion zu Wiesbaden ein Gesuch, die Burg an Herrn August Friedrich von Lützow, Gutsbesitzer zu Tessin in Mecklenburg verkaufen zu dürfen, welchen Antrag die Herzogliche Regierung im nächsten Jahr auch genehmigte.

So wurde Herr von Lützow im Jahre 1842 Besitzer der Katz. Er hatte im Anfang große Pläne, wollte die Burg wohnlich einrichten, auch das Gut noch durch eine Waldfläche von 1036 Ruthen vergrößern‚ entschloß sich aber schließlich, der politischen Verhältnisse halber, davon abzusehen, in Mecklenburg zu bleiben und die Katz Katz sein zu lassen. Sein Bevollmächtigter und Verwalter war Johann Georg Greiff zu St. Goarshausen, der am 24. September 1856 in einem Gesuch an die nassauische Domänenverwaltung um Übertragung der Erbleihe auf den Namen der Tochter des Herrn von Lützow, der Auguste Katharine, Ehegattin des Kammerherrn O. von Langen zu Neuhof bei Warin in Mecklenburg, bat, was 1857 durch Herzog Adolf, der des ewigen Katzen-Krieges allmählich müde war, bereitwilligst genehmigt wurde.

Frau von Langen war somit die zweite Burgherrin der Katz und blieb es auch, als die Ruine 1866 preußisch wurde. Die Besitzverhältnisse wurden 1868 in eine endgültige Form gebracht, indem Frau von Langen die Ruine vom preußischen Staat ankaufte.

Es begann nun für die alte Burg eine geruhsame Zeit. Man besserte zwar hier und da eine allzu brüchige Mauer aus, mähte das hohe Gras und stellte ein paar Aussichtsbänke auf. Im übrigen aber ließ man die ehrwürdige “Veteranin” in Frieden. Und das war gut so. Die altersmüde Burg war in den Traum der Romantik versunken. An der zerschossenen Mauer kletterte der Efeu hoch und bedeckte die Risse und Wunden liebevoll mit seinen immergrünen Ranken. Auf den zerbröckelten Schießscharten sonnten sich Eidechsen, Schmetterlinge torkelten darüberhin, Vögel sangen und in dem zerrissenen Bergfried nisteten die Falken und Dohlen. In dem schattigen Burghof aber duftete im Frühling der blaue Flieder, und der Goldregen ließ seine leuchtenden Blütenfahnen flattern. Es war ein Bild von unsagbarem Reiz. Und dann die herrlichen Ausblicke auf Strom und Stadt und Loreley! Es gibt keinen schöneren Rittersitz am Rhein! Die Katz war zum Paradies der St. Goarshäuser Buben geworden, zum großen Ärger des alten Burgwärters, des “Schuckerich”, der nicht verstehen konnte, wie es möglich war, daß trotz der Verrammelung der Burgpforte und der “Verbarrikadierung” sämtlicher Löcher und Mauerscharten mit Brombeerreisern und Dornhecken die jungen Raubritter immer wieder die Feste erklommen und, wenn er sich mit dem Hellebardenknüppel nahte, im Burgkeller verschwanden. Auch zum Abernten der alten Nußbäume in der Burg kam er immer zu spät. Der Verfasser dieser Chronik, der selber ein gut Teil seiner Jugend in dem romantischen Nest verbrachte, könnte davon viel Ergötzliches erzählen.

Hier möcht’ ich sitzen und trinken
Und träumen ins Blaue hinein,
Bis daß die Sterne sinken
Wohl in den dunklen Rhein.

Die Welt zu meinen Füßen
Ist wie ein fromm Gedicht,
Aus dem mit Blumengrüßen
Die Heimatseele spricht.

Quelle: Chronik von Jörg Ritzel

Mit freundlicher Unterstützung des Stadtarchivs St. Goarshausen.